Unterstützung für Sanal Edamaruku!

Dem indischen Freidenker Sanal Edamaruku droht die Verhaftung aufgrund von Blasphemie-Anzeigen von katholischen Organisationen. Mit einer Online-Petition wird der Erzbischof von Mumbai aufgefordet, auf den Rückzug der Anzeigen hinzuwirken.   Online-Petition hier unterzeichnen

«Wunder im Lourdes des Ostens»

Der indische Freidenker Sanal Edamaruku tauchte im März mit einem Fernsehteam  bei der römisch-katholischen «Basilika unserer guten Dame von Velankanni» auf. Der Tempel, nach einer «Marienerscheinung» benannt, geniesst den Ruf als «Lourdes des Ostens». Mehr als zwei Millionen Pilger kommen alljährlich hierher. Vor einiger Zeit kam ein weiteres Wunder hinzu: Vom Fuss der Jesus-Statue tropfte Wasser. Als das publik wurde, kamen noch mehr Pilger mit Behältern, um das «heilige Wasser» mit nach Hause zu nehmen. Sanal Edamaruku stellte schnell fest, dass das Wasser aus einer lecken Abwasserleitung stammte. Gleichzeitig beobachtete er aber, wie ein Priester nebenan das in einem Eimer aufgefangene Wasser als Wunderwasser anpries und an die Leute verteilte. Ihm selber hingegen wurde eine Wasserprobe für weitere Analysen verwehrt – dabei könnte sich das Abwasser sogar als Gesundheitsrisiko für die Gläubigen erweisen!

Überraschend dann aber der Aufruhr, der auf seine per TV verbreiteten einfachen Erklärung des «Wunders» folgte: In mehreren TV-Debatten trat Edamaruku gegen Vertreter der katholischen Kirche an. Argumentativ stand sie – auch der zuständige indische Bischof –  auf verlorenem Posten. Und so setzt sie für einmal nicht auf Eloquenz und theologische Nebelpetarden sondern versuchte es mit Winkelzügen wie «die Kirche hat das Wunder gar nicht offiziell anerkannt» und spielte im Übrigen auf der Klaviatur der Beleidigten: Sie drohte unverholen mit juristischen Konsequenzen, falls Edamaruku den Vorwurf, die katholische Kirche beute die Leichtgläubigkeit der Menschen aus, nicht zurücknehmen und sich entschuldigen würde. Damit entsteht ein Widerspruch zum derzeitigen Papst, der sich im Februar dieses Jahres gegen die Blasphemiegesetze in Pakistan ausgesprochen hatte – natürlich weil dort Katholiken betroffen sind.

Selber macht sich die katholische Kirche die Hände natürlich nicht mit einer Klage schmutzig. Sie überlässt das stolz ihren Fundamentalisten: das «Catholic Secular Forum»,  die «Association of Concerned Catholics» und das «Maharashtra Christian Youth Forum»  haben im April 2012 Anzeige nach § 295a des indischen Strafgesetzbuchs erstattet.

Edamaruku sieht das Verfahren vor allem als Chance dafür zu sorgen, dass Indiens Blasphemiegesetz  endlich aufgehoben werde. Er beruft sich seinerseits auf die indische Verfassung, die im Art. 51 statuiert, es sei die Pflicht jedes Bürgers und jeder Bürgerin, Wissenschaftlichkeit und einen offenen Geist zu fördern. Mit seiner Aufklärungsarbeit erfülle er also seine Bürgerpflicht. Gleichzeitig  ruft er aber auch die katholische Kirche dazu auf, Indien nicht ins Mittelalter zurückzuführen.

Auf die indische Justiz kann er sich nicht verlassen. Sein Antrag auf provisorische Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt, weil die Polizei in Mumbai keine schriftliche Bestätigung der Anzeigen rausrücken will, sondern von Edamaruku verlangt, dass er sich zuerst stellt. Da ihm nun Haft droht, hält er sich an unbekanntem Ort auf. Dazu kommt die Angst, dass katholische Fanatiker nicht auf das juristische Verfahren setzen, sondern zur Selbstjustiz greifen könnten.

Internationale Unterstützung

Edamarukus Fall erhält internationale Unterstützung: Die Organisation Rationalist International hat ein Verteidigungskommitee ins Leben gerufen, dem anerkannte Menschenrechtsspezialisten angehören, und die britischen Rationalisten haben eine Online-Petition gestartet, mit der Erzbischof von Mumbai aufgefordert wird, den Rückzug der Anzeigen zu erwirken.

Zur Person

Sanal Edamaruku (* 1955) ist ein indischer Bürgerrechtler, Gründer von der Organisation Rationalist International sowie Präsident der Indian Rationalist Association, einem Skeptikerverband mit 100'000 Mitgliedern.

Es war ein Erlebnis in seiner Nachbarschaft, dass Edamaruku zum Anwalt der Vernunft werden liess: Als er zwölf Jahre alt war wurde bei einer jungen Athletin Leukämie diagnostiziert. Weil sie einer christlichen Gruppierung angehörte, für die Transfusionen als Sünde gelten und nur Gebete heilen, starb sie. Nach dieser erschütternden Erfahrung begann er, lokale Veranstaltungen der Rationalisten zu besuchen und gründete mit 15 eine freidenkerische Jugendgruppe. Bereits während seines Studiums der Politologie begann er, Aberglauben zu entzaubern und Scheinheilige zu entlarven. Er lebt von Vorträgen an Schulen und in Wissenschafts-Camps für Kinder und von den Einnahmen seiner schon über 20 Bücher.  Seit er vor 17 Jahren das «Wunder der milchtrinkenden Elefantenstatue Ganesha» physikalisch erklären konnte, ist er in Indien ein gefragter Mann, wenn es darum geht, bestaunte Phänomene rational zu erklären. In kostenfreien Workshops entlarvt er die Tricks der vielen Magier, die in Indien die Leute manipulieren und abzocken, und bildet jährlich über 100 Interessierte darin aus, selber solche Workshops anzubieten. Für Aufsehen sorgte 2008 sein TV-Auftritt, bei dem er einen Tantriker aufforderte, ihn mit Magie zu töten. Als dies fehlschlug, äusserte der Tantriker die Vermutung, Edamaruku stünde unter dem Schutz eines kraftvollen Gottes. Daraufhin entgegnete Edamaruku, er sei Atheist. 2011 war Edamaruku Gast am Zürcher Denkfest der FVS und berichtete über den Fall von Prahlad Jani, der behauptet, er komme seit Jahrzehnten ohne Nahrung aus.

Prozesskosten

Wer mithelfen kann, die Kosten für die Verteidigung von Sanal Edamaruku zu decken, kann online spenden an den Sanal Edamaruku Defence Fund

oder auf das

Postkonto 84-4452-6 Freidenker-Vereinigung der Schweiz , 3001 Bern IBAN CH7909000000840044526  Vermerk: «Edamaruku»