AT: Open Mind Summit – 125 Jahre Freidenkerbund in Österreich

(hpd) Freidenken kann keine Sünde sein! So steht es auf den Plakaten des Open Mind Summit, der Jubiläumsveranstaltung der Freidenker am Campus der Uni Wien am 30. September 2012.

Der Freidenkerbund Österreichs FDBÖ ist ein Sammelbecken für alle, die einem wissenschaftlichen Weltbild verhaftet sind und für mehr Humanismus und Vernunft  eintreten. Das führt oft zu Religionskritik, da unser politisches und soziales Leben noch immer stark von voraufklärerischen Verhaltensmustern geprägt ist.

Wie ist Österreich? Paradeantwort: Konservativ und  katholisch, das heißt im Klartext oft bildungsfeindlich, im Kern autoritär und statisch im Denken.

Die Frage der Religion in unserem Leben bekommt  derzeit ein neue Brisanz: Bei unseren "Alt-Mitbürgern" kann man von "kulturellem Katholizismus" ausgehen, Religion wird also zu einem überwältigenden Prozentsatz nicht wirklich ernst genommen und nach eigenem Gutdünken geformt, meist nach sehr aufgeklärten Gesichtspunkten. Dies ist bei vielen "Neu-Mitbürgern" nicht der Fall und die mühsame Arbeit der Aufklärung beginnt wie bei Sysiphos von neuem.

Unser Anliegen ist es, diese wichtige Tatsache einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, und zwar ohne Fremdenhass und Bedienung niedriger Instinkte, sondern im Dienste der Aufklärung. Das wollen letztlich auch die meisten Neu-Bürger, die nicht instrumentalisiert sind und die Vorteile begreifen. Wir verlangen, die Selbstverständlichkeiten der Bevorrechtung von Demokratie und Menschenrechten  gegenüber jeder konkurrierenden religiösen Lehre als unbedingte Voraussetzung für jede erfolgreiche Integration auch tatsächlich von allen zu verlangen und keine Verwässerungen der Menschenrechte hinzunehmen, die unseren Kindern auf den Kopf fallen werden.

Ihr verdanken die Menschen Fortschritt und Wohlergehen seit 250 Jahren, die Aufklärung hat mehr erwirkt als Tausende Jahre Religion. Österreich tendieren zur Vereinbarkeit von Religion und Aufklärung, bei genauem Hinsehen werden mehr und mehr die halluzinogenen Wirkungen der Religion mit all ihren katastrophalen Auswirkungen, wie Konfliktschürung, Realitätsferne, Bildungsfeindlichkeit, Frauen- und Kinderunterdrückung und Probleme mit dem Ethos bekannt. Viele Menschen, die der Durchdringung des gesamten täglichen Lebens von der Wiege bis zur Bahre kritisch gegenüberstehen, sehen die Kirchen als parasitäres Konstrukt an, sehen den unermesslichen Reichtum der Kirche und die Privilegien der Kirchen als Beleg für diese These.

Wir setzen uns für die Rechte und die Anerkennung des gesellschaftlichen Beitrages der Konfessionsfreien in unserem Lande ein und wollen gemeinsam mit vielen anderen Gruppen die Trennung von Kirche und Staat konsequent vollzogen wissen.

Das wollen wir einem humanistisch interessierten Publikum als Information und Auftrag mitgeben. Die Darstellung der Problematik erfolgt teils journalistisch informativ, teils kabarettistisch heiter. Vieles in dieser Problematik kann man nur von der heiteren Seite nehmen und stellt einen Gegenpol dar zur  meist übertrieben erhaben-ernsten Kirchenprozedur.

Freidenker sind nicht an der Nachfolge Christi interessiert, sondern suchen sich den Sinn ihres Lebens selbst. Sie wollen auch kein heiliges Leben führen, was vermutlich kein Mensch, der seine Sinne beisammen hat mehr will. Sie streben Menschlichkeit und Daseinsfreude an und das mit Vernunft gepaart. An der katholischen Religion stört uns besonders das katholisch, denn es heißt: "Allumfassend" auf Deutsch: "Roma locuta, keiner schert aus." Weiter ins Wienerische übersetzt "Kusch!".

Wenn Freidenker einen Heiligen kennen, dann ist es der vorchristliche Epikur, der sagte: "Mach dir deine eigenen Götter und unterlass es, dich mit der schnöden Religion zu beflecken!"

Gerhard Engelmayer