Geplante Deklarationspflicht für Koscher- und Halalfleisch ungenügend

Eine Gesetzesänderung will die Deklarationspflicht für Koscher- und Halalfleisch. Die Freidenkenden Schweiz bemängeln: Die Deklarationspflicht soll nicht nur für die Importkontingente für jüdische und muslimische Abnehmer gelten – über den normalen Import gelangt heute Fleisch aus Schlachtung ohne Betäubung in den allgemeinen Handel, ohne dass die Konsumenten darüber aufgeklärt werden. Und: die Labels «koscher» und  «halal» genügen nicht. Es muss explizit vermerkt sein, ob eine Schlachtung mit oder ohne Betäubung der Tiere erfolgte. Zudem: kohärenter mit der CH-Gesetzgebung und tierethisch adäquater wäre ein Importverbot für Fleisch aus Schlachtung ohne Betäubung.

Label «aus Schlachtung ohne Betäubung»

Am 23. August 2019 endet die Vernehmlassung zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes. Neu soll unter anderem Koscher- und Halalfleisch, das innerhalb der für die jüdische und die islamische Gemeinschaft bestimmten Zollkontingente eingeführt wird, als solches deklariert werden. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Konsumentinnen und Konsumenten darüber aufzuklären, welche Art der Schlachtung sie mit ihren Einkäufen unterstützen.

Deklarationspflicht muss für alle Fleischimporte gelten und unmissverständlich sein

Die Vorlage weist aber zwei deutliche Mängel auf: Fleisch, das über diese speziellen Importkontingente eingeführt wird, darf zwar nur an dem Bundesamt für Landwirtschaft bekannte Abnehmer geliefert werden. Doch von dort aus kann das Fleisch durchaus an weitere, aussenstehende Abnehmer gelangen. Und weitaus relevanter: bereits heute gelangt Halalfleisch aus Schlachtung ohne Betäubung über die normalen Fleischimporte in den allgemeinen Handel, da grosse Fleischproduzenten, die den internationalen muslimischen Markt bedienen, aus ökonomischen Gründen nicht selten sämtliche Tiere nach Halalvorgaben schlachten.

«Konsumentinnen und Konsumenten können können heute nicht sicher sein, dass Fleisch von ausländischer Herkunft ihren tierethischen Ansprüchen gerecht wird. Nur eine Deklarationspflicht für alle Fleischimporte schafft Transparenz und erlaubt es Kundinnen und Kunden in Läden und Restaurants selbstbestimmt einzukaufen», sagt Andreas Kyriacou, Präsident der Freidenker-Vereinigung.

Der Gesetzesvorschlag lässt zudem offen, wie die Deklaration lauten soll. Klar ist: «Koscher» und «halal» genügen als Label nicht. Sie bedeuten, dass die Tiere rituell geschlachtet und ausgeblutet wurden. Aber die Begriffe klären nicht, ob die Tiere vor der Schlachtung betäubt wurden oder nicht. Genau dies ist aber aus ethischer Sicht der springende Punkt.

Forderungen fundamentalistischer Gemeinschaften eignen sich nicht als Standard

In der Schweiz ist das Schlachten von Wirbeltieren ohne Betäubung (mit Ausnahme von Geflügel) verboten. Schweizer Halal-Metzgereien haben sich darauf längst eingestellt und betäuben die Tiere, bevor sie sie gemäss ihren religiösen Regeln schlachten. Die Nachfrage nach Fleisch, das sowohl tierethischen Mindeststandards als auch religiösen Vorstellungen gerecht wird, steigt. Nur orthodoxe Kreise bestehen darauf, dass religiöse «Gesetze» dem Tierwohl voranzustellen sind.

Importverbot und Fleischverzicht als Lösung

Der Verweis auf religiöse Praxis darf nicht ausreichen, um ethisch gut begründete Vorschriften umgehen zu können. Deshalb ist die Deklarationspflicht nur als Schritt in die richtige Richtung zu sehen. Im Einklang mir den tierethischen Standards, die sich die Schweiz selbst auferlegt hat, ist nur ein Importverbot für Fleisch von ohne Betäubung getöteten Tieren. Weder das Judentum noch der Islam schreiben Fleischkonsum vor. Für Ruth Thomas von den Freidenkenden Schweiz ist deshalb klar:

«Wer nur Fleisch von Tieren essen will, die ohne Betäubung ausgeblutet wurden, soll auf Fleisch verzichten. Und von Religionsgemeinschaften muss gefordert werden, dass sie ihre Traditionen den heutigen Werten und geltenden Gesetzen anpassen.»