Madonna mia - das Bundesgericht schützt katholische Gefühle

Wie zuvor schon das Bundesverwaltungsgericht erklärt nun auch das Bundesgericht die in ganz Europa geschützte Wortbildmarke Madonna für sittenwidrig und versagt ihr den Markenschutz in der Schweiz. Begründet wird das mit den religiösen Gefühlen der Tessiner Katholiken, die verletzt würden, wenn ein Kosmetikprodukt oder ein Modeartikel die geschützte Marke Madonna trüge. Dass Madonna im italienischen Sprachraum in erster Linie als Fluchwort präsent ist, findet keine Erwähnung in dem von Realitätssinn weitgehend unbelasteten Urteil aus Lausanne.

Das einstimmig ergangene Urteil der I. Zivilrechtlichen Abteilung liest sich teilweise wie ein theologisches Traktat. Madonna werde «von einem überwiegenden Teil der katholischen Christen in der italienischsprachigen Schweiz für die Invokation (religiös-ehrerbietige Anrufung) der Mutter Jesu verwendet» und daher zu Recht vom Markenschutz ausgeschlossen. Daran ändere nichts, dass die Bezeichnung Madonna in der Bibel und in der katholischen Glaubenslehre gar nicht vorkommt. Ebenso wenig vermag die Berühmtheit der gleichnamigen amerikanischen Popsängerin den religiösen Tiefblick des Bundesgerichts zu trüben: «Die weiteren Sinngehalte des Wortes Madonna sind zu schwach, als dass sie die primäre Bedeutung als Anrufung der Mutter Jesu verdrängen würden.»

Vergeblich hatte sich der Inhaber der Marke in Lausanne schliesslich darauf berufen, dass in den streng katholischen Ländern Spanien, Portugal und Italien Madonna ohne weiteres Markenschutz geniesst. Daraus auf eine angebliche Toleranz der dortigen Bevölkerung zu schliessen und das auf das religiöse Empfinden in der Schweiz zu übertragen, wäre aus Sicht des Bundesgerichts heikel. Zudem sei es «eine blosse, durch nichts belegte Behauptung, dass die Katholiken in Italien, Spanien und Portugal strenggläubiger seien als die Schweizer Katholiken».

Urteil 4A_302/2010 vom 22. 9. 10 – BGE-Publikation
http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/marke_madonna_bleibt_sittenwidrig_1.8236582.html#comment_articleDamit bestätigt das Bundesgericht das religiöse Beleidigtsein als primären Ausdruck der Religion.
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