Schule ohne Religion

Die FVS hat einem Podium zum Thema «Religiöse Lehrer» an der Universität Bern teilgenommen. Eingeladen hatten die Vereinigten Bibelgruppen VBG, deren Mitglieder und didaktischen Anleitungen in einem Rundschaubericht kritisiert worden sind. Eine ähnliche Veranstaltung fand auch in Zürich statt.

Nachfolgend die umfassende Stellungnahme der Geschäftsstelle der FVS:

Fromme LehrerInnen – ein potentielles Problem

Keine Klärung brachte das Podium in der Frage, wie viele fromme LehrerInnen es gibt. Allerdings geht auch der Vertreter der Evangelischen Allianz davon aus, dass an den pädagogischen Hochschulen der Anteil evangelikaler Studierender steigend ist.

Aus Sicht der FVS sind fromme Lehrer grundsätzlich ein Problem. Fromme Menschen haben eine Mission und eine dogmatische Moral von Gut und Böse. Sie wollen ein Zeugnis für ihre Überzeugung geben – nicht einfach in gutem Handeln, sondern im Reden über ihre religiöse Erfahrung.Und da stellt sich die Frage: Wie neutral kann eine streng gläubige Lehrperson anders oder nicht gläubige  Kinder unterrichten, sofern sie überzeugt ist, dass diese in die Hölle kommen, wenn sie nicht an den christlichen Gott glauben?



Vertrauen in die Schule

Auf dem Spiel steht das Vertrauen der Eltern in die Institution Schule. Eltern haben es sehr schwer, religiöse Beeinflussungen nachzuweisen und sich gegen die Lehrer zu wehren. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Behörden klare Verhältnisse schaffen.


Bildungsziele

Die schweizer Bildungs- und Volksschulgesetze haben in der Regel einen Zweckartikel. Darin steht zumeist, dass die Bildung auf der Basis der «christlich-abendländischen» und demokratischen Überlieferung zur Entfaltung der SchülerInnen beitragen soll.
Christen haben die Tendenz hier das «christlich» zu betonen, während Freidenkende den Fokus auf «abendländisch» setzt und darunter die Aufklärung verstehen. Es geht um humanistische Werte, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Verantwortung und Toleranz.
Im Gegensatz zur Auffassung des VBG und seiner Mitglieder nennen die Gesetze als explizit Ziele den Erwerb von Fertigkeiten und Kompetenzen sowie Werten – nirgendwo steht etwas von Sinnvermittlung.


Handlungsbedarf

Es besteht Handlungsbedarf in verschiedenen Bereichen und bei verschiedenen Akteuren:

1. Politik und Gesellschaft

  • Trennung von Staat und Kirche.
  • Keine Integration durch Religion sondern durch aufgeklärte Bildung.
  • Abschaffung des Faches Religion an den Volksschulen.
  • Religionsmündigkeit (ZBG 303) senken: von heute 16 auf 14 oder noch besser 12 Jahre, damit die Kinder vom Staat gegen die religiöse Vereinnahmung durch ihre Eltern geschützt werden können.

2. Erziehungsdirektionen

  • Berufsprofil punkto Religion aktualisieren.
  • Lehrmittelübersicht und -einsicht für Eltern.
  • Überwachung von privaten Bekenntnisschulen und ihren Parallelgesellschaften.

3. Lehrerausbildung

  • Keine Dispensionsmöglichkeit für Fächer wie Sexualkunde, Evolutionslehre.
  • Problematisierung der persönlichen Wertvorstellungen und Eignungstest über das Berufsverständnis.

4. Lehrpläne

  • Kein Fach «Religion»: Ethik-Unterricht, der verbindet, statt Religionsunterricht, der Kinder trennt.
  • Lernziel «Ethik»: Nicht die Merkmale einer besseren Gesellschaft beschwören, sondern die Regeln für deren Herausbildung einüben. Es Kindern ermöglichen, ethisches Verhalten zu erlernen, das – ganz pragmatisch – faire Lösungen für Interessenkonflikte sucht.
  • Lernziel: «Selber-Denken»: Es geht auch darum, die kritische Infragestellung von Glaubenswahrheiten als aufklärerische Tugend zu fördern und die Kritik-Immunität von Religionen und anderen Ideologien zu hinterfragen.

5. Schulbehörden

  • Merkblatt für LehrerInnen und Eltern zu Themen wie Homosexualität, Sex vor der Ehe, Evolutionstheorie.

6. Lehrkräfte

Die anstellende Behörde trägt die Verantwortung. Es geht nicht darum, über religiösen LehrerInnen ein Berufsverbot zu verhängen, sondern darum, Transparenz zu schaffen über die erwartete Professionalität:

  • Religiöse Überzeugung ist Privatsache der Lehrkraft.
  • Keine direkte Ansprache der Kinder auf religiöse Fragen.
  • Keine christlichen Lieder und Fallbeispiele.
  • Keine Umbenennung von Fächern: z.B NMM («Natur Mensch Mitwelt» in GMS («Gott Mensch Schöpfung»).
  • Keine Vermischung von Wissenschaft mit Glauben: Bei wissenschaftlichen Theorien geht es nie um «Wahrheit» sondern um Richtigkeit.
  • Keine Pseudo-Demokratie im Unterricht: Kinder sollen nicht entscheiden müssen, ob sie für die Evolution oder die Schöpfung sind.
  • Kein Unterlaufen des Lehrplanes mit Zusatzinformationen, die den Stoff relativieren, nach dem Motto: «Der Lehrplan bleibt selbstverständlich der Gleiche. Nur der Blick auf die Dinge ist ein anderer».

Es geht nicht um Gesinnungs- sondern um Verhaltenskontrolle. Alle Beteiligten stehen in der Verantwortung, von LehrerInnen diese Professionalität einzufordern – zum Wohl der Kinder!

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